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Indikationen für die Lipid-Apherese

 

Hauptindikationen für die Durchführung einer Apherese-Behandlung sind verschiedene Formen von Fettstoffwechselstörungen. Bei einer Fettstoffwechselstörung, auch Dyslipidämie genannt, sind der Cholesterin- und/oder Triglyceridspiegel und/oder die Blutkonzentration an Lipoprotein a (kurz Lp(a)) verändert, meistens handelt es sich um erhöhte Werte. Seltener können auch Phospholipide, Cholesterolester, oder freie Fettsäuren die Störung verursachen.

Es gibt noch zahlreiche andere Krankheiten aus den Bereichen Rheumatologie, Hals-Nasen-Ohrenerkrankungen, Krebserkrankungen oder akute Vergiftungen, in denen Apherese-Verfahren zur Anwendung kommen. Die "Dialyse" bei Patienten mit unzureichender Nierenfunktion gehört im weitesten Sinne auch zu den Aphereseverfahren. Auch die Gewinnung von Blutbestandteilen z.B. zur Knochenmarkspende fällt darunter.
Doch auf all diese Krankheitsbilder einzugehen, würde den Rahmen und auch den Zweck dieser Seite sprengen. Hier soll allein die therapeutische Lipid-Apherese betrachtet werden.

Bei den Fettstoffwechselstörungen wird unterschieden zwischen primären und sekundären Störungen. Den primären Formen der Störung liegt ein erblicher Stoffwechseldefekt zugrunde. Hierzu zählen die primären Formen der Hyperlipoproteinämie und Hypertriglyceridämie. Die sekundären Formen der Störung entstehen nicht wegen eines Gendefekts, sondern aufgrund verschiedener Krankheiten:

  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Nephrotisches Syndrom
  • Lebererkrankungen
  • Alkoholmissbrauch
  • Schwangerschaften

Des Weiteren kann die Einnahme bestimmter Medikamente die Entstehung der Störung begünstigen:

  • Diuretika
  • orale Kontrazeptiva
  • Kortikosteroide

Im Gegensatz zu den primären Stoffwechselstörungen können die sekundären Fettstoffwechselstörungen meistens durch die Heilung der ursprünglichen Krankheiten, die der Störung zugrunde liegen, kuriert werden. Hier ist eine Apherese-Behandlung, wenn überhaupt, meist nur vorübergehend notwendig.

Grundlage für die Bestimmung der Form der Fettstoffwechselstörung ist die Laboruntersuchung des Blutes. Nach der Fredrickson-Klassifizierung werden folgende Formen der Fettstoffwechselstörungen unterschieden:

  • Typ I: erhöhte Chylomikronen und erhöhte Triglyceride
  • Typ IIa: ausschließlich erhöhtes LDL-Cholesterin
  • Typ IIb: erhöhtes LDL- und VLDL-Cholesterin
  • Typ III: erhöhtes IDL-Cholesterin
  • Typ IV: ausschließlich erhöhtes VLDL-Cholsterin
  • Typ V: erhöhtes VLDL-Cholesterin und erhöhte Chylomikronen

Des Weiteren gibt es die singuläre Erhöhung des Lipoprotein a, die nicht unter die Fredrickson-Klassifizierung fällt.

 

Chylomikronen

Chylomikronen werden vermutlich ausschließlich in den Zellen der Darmwand gebildet. Ihre Funktion besteht hauptsächlich darin, Triglyceride aus dem Darm (bzw. der Darmwand) ins Blut und von dort zu den Leber-, Muskel- und Fettzellen zu transportieren. Labortechnisch sind sie nicht direkt zu bestimmen, sondern über die Menge der Triglyceride. Nach der Blutabnahme setzen sich Chylomikronen oben auf den restlichen Bestandteilen als hellgelbe rahmige Substanz ab. Triglyceride werden über Fett aus der Nahrung aufgenommen und aus zuckerhaltigen Lebensmitteln in der Leber gebildet.

Cholesterin

Cholesterin besteht aus verschiedenen Varianten, die nach ihrer Größe als VLDL, IDL, LDL oder HDL bezeichnet werden. Sie erfüllen verschiedene Transportfunktionen für andere Stoffe im Blut in die Zellen oder aus den Zellen in die Leber. Je nach Funktion werden sie auch teilweise als "gutes" oder "schlechtes" Cholesterin bezeichnet.

Lipoprotein a

Lipoprotein(a), kurz Lp(a), ist ein Lipoprotein, dessen Proteinanteil aus Apolipoprotein(a) und Apolipoprotein B-100 besteht. Es ist Bestandteil der Blutfette und besitzt in seinem Aufbau eine große Ähnlichkeit zum LDL-Cholesterin. Seit den 90er Jahren ist bekannt, dass es einen besonders hohen Einfluss auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und insbesondere Herzinfarkte auch bei Patienten ohne sonstige Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes mellitus hat.

Folgen von Fettstoffwechselstörungen

Fettstoffwechselstörungen rufen zunächst keine Symptome hervor, weshalb sie oft erst spät bemerkt werden. Häufig ist dies erst der Fall, wenn sich bereits Folgeerkrankungen entwickelt haben, die schmerzhaft und gefährlich sein können.
Unmittelbare Folge von Fettstoffwechselstörungen ist die Arterienverkalkung (Arteriosklerose). Auch sie macht sich anfangs nicht durch Symptome bemerkbar. Überschüssiges Fett aus dem Blut lagert sich in den Wänden der Arterien ab und ruft kleine Entzündungsreaktionen hervor. Im weiteren Verlauf werden die Ablagerungen größer, das umliegende Gewebe vernarbt und verhärtet. Plaques entstehen, die die Gefäße verengen und den Blutfluss behindern. Folgen sind schmerzhafte Durchblutungsstörungen, Herzinfarkt und Schlaganfall.

Neben der vaskulären Demenz, die durch Durchblutungsstörungen des Gehirns hervorgerufen wird, begünstigen Fettstoffwechselstörungen auch das Auftreten der Alzheimer-Demenz: Der hohe Cholesterinspiegel führt zur Entstehung von Ablagerungen im Gehirn – sogenannten Amyloid-Plaques, die die Alzheimer-Krankheit verursachen.

Bei erblich bedingten Fettstoffwechselstörungen treten Symptome häufig bereits im Kindesalter auf. Die jungen Patienten entwickeln Arteriosklerose und in der Folge Krankheiten wie Herzinfarkt und Aortenklappenstenose. Bei zehn Prozent der Patienten, die einen Herzinfarkt erleiden, lässt sich eine familiäre Fettstoffwechselstörung nachweisen.

Patienten mit einem Defekt des Lipoprotein a-Systems haben ein besonders hohes und in der Regel nicht vorhersehbares Risiko für Herzinfarkte in frühen Jahren. Erste Herzinfarkte im Teenageralter sind nicht selten. Oftmals erleiden diese Patienten auch mehrere Infarkte innerhalb weniger Jahre, trotz eines gesunden Lebenswandels und einer adäquaten Therapie z.B. durch Stents (Gefäßstützen in den Herzkranzgefäßen). Diese Erkrankungen gehen mit einer hohen Sterblichkeit einher.

Bei Patienten mit einer Hypertriglyceridämie kommt es in der Regel nicht zu Probleme mit den Gefäßen, sondern zu Schädigungen der Bauchspeicheldrüse. Zwar kann ein erhöhter Triglyceridspiegel im Blut auch auf ein hohes Risiko für Arteriosklerose hindeuten, die jedoch meistens durch die begleitende Erhöhung anderer Risikofaktoren ausgelöst wird. Bei einer reinen Hypertriglycerdiäme kann es zu einer Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) kommen. Dies ist eine lebensgefährliche und sehr schmerzhafte Erkrankung, die eine Behandlung auf der intensivmedizinischen Station im Krankenhaus erfordern kann. In schweren Fällen kann es zu einer kompletten Schädigung des Organs kommen, so dass eine operative Entfernung notwendig ist. Durch eine zu späte Behandlung kann es zu einer generalisierten Blutvergiftung im gesamten Körper (Sepsis) kommen, die in vielen Fällen durch das nachfolgende Versagen unterschiedlicher Organe (Nieren, Leber etc.) tödlich verläuft.
Gerade bei Kindern und Jugendlichen verläuft eine durch Triglyceride ausgelöste Pankreatitis oft moderat und wird meistens gar nicht als solche erkannt, sondern für einen Magen-Darm-Infekt gehalten. Auch fehlende Blutuntersuchungen bei Kindern verhindern meist die frühzeitige Diagnose einer Hypertriglyceridämie. Eine "junge" Bauchspeicheldrüse kann die Belastung durch die Triglyceride meistens noch kompensieren. Jedoch werden mit zunehmendem Alter die Entzündungen der Bauchspeicheldrüse häufiger und schwerwiegender. Oftmals stellt sich auch eine Minderfunktion des Organs für die Insulin-Produktion (endokrine Funktion) ein und es entwickelt sich ein Diabetes mellitus des seltenen Typs 3c (Pankreopriver Diabetes), der jedoch bei Jugendlichen oft fälschlicherweise als Typ 1, bei Erwachsenen als Typ 2 diagnostiziert wird.

Therpie-Ansätze

Ernährungstherapie & Sport
In der Regel wird bei einer festgestellten Fettstoffwechselstörung zunächst mit einer Ernährungsumstellung bzw. -anpassung begonnen, wenn andere Erkrankungen und Medikamente als Auslöser einer sekundären Fettstoffwechselstörung ausgeschlossen werden können.
Primäres Ziel einer bewussten Ernährung ist die Senkung des LDL-Cholesterins sowie verstärkt durch Gewichtsreduktion und körperliche Aktivität die Verminderung der Triglyzeride und eine Erhöhung des HDL-Cholesterins.
Kohlenhydrate führen zu einer Erhöhung der Triglyzeride und einer Verminderung des HDL-Cholesterins wenn sie Fett in der Nahrung ersetzen. Gesättigte Fettsäuren erhöhen LDL- und HDL-Cholesterin und ungesättigte Fettsäuren erniedrigen LDL- und auch HDL-Cholesterin. Nahrungseiweiß hat nur einen sehr geringen Einfluss auf Lipide und Lipoproteine. Begleitend wird eine moderate sportliche Betätigung empfohlen. Als optimal wird eine mäßig intensive körperliche Aktivität an möglichst allen Tagen der Woche angesehen, die wenigstens 200 kcal/Tag entspricht. Bei vorhandenem Übergewicht sollte eine Normalisierung des Körpergewichts angestrebt werden. Eine Gewichtsabnahme senkt das Gesamt- und LDL-Cholesterin, reduziert auch weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren (Blutdrucksenkung, verbesserte Glukosetoleranz) und wirkt sich günstig auf die Lebensqualität aus.

Medikamentöse Therapie
Wenn die vorherigen Maßnahmen nach 3 Monaten nicht zur Erreichung der erwünschten Lipidzielwerte führen, sollte eine medikamentöse Therapie begonnen werden. Monogene und schwere Fettstoffwechselstörungen erfordern allerdings eine raschere Verabreichung von Medikamenten, jedoch immer in Kombination mit Diät, vermehrter Bewegung und Bestrebungen zur Gewichtsnormalisierung.

Für die unterschiedlichen Formen der Fettstoffwechselstörung stehe unterschiedliche Wirkstoffe wie Statine, Fibrate oder Nikotinsäure-Derivate zur Verfügung. Parallel sollte jedoch bereits jetzt eine Untersuchung des Blutes auf evetuelle monogene oder polygene Vererbung von Defekten bestimmter Enzyme, Rezeptoren oder Transportproteine erfolgen. Den primären Formen der Störung liegt ein erblicher Stoffwechseldefekt zugrunde. Hierzu zählen die primären Formen der Hyperlipoproteinämie und Hypertriglyceridämie. In diesen Fällen ist weder eine diätetische noch medikamentöse Therapie ausreichend erfolgreich.

Therapeutische Apherese
In den Fällen einer genetischen Ursache für die Fettstoffwechselstörung ist in der Regel nur eine dauerhafte Lipid-Apherese in der Lage, Folgeerkrankungen durch die erhöhten Blutfette zu vermeiden oder zu verringern.

Lipid-Apheresen können durchgeführt werden bei Patienten mit

  • familiärer Hypercholesterinämie homozygoter Ausprägung,
  • schwerer Hypercholesterinämie, bei denen grundsätzlich mit einer über 12 Monaten dokumentierten maximalen diätischen und medikamentösen Therapie LDL-Cholesterin nicht ausreichend gesenkt werden kann,
  • isolierter LP(a)-Erhöhung über 60 mg/dL und LDL-Cholesterin im Normbereich sowie gleichzeitig klinisch und durch bildgebende Verfahren dokumentierter progredienter Kardiovaskulärer Erkrankung (koronare Herzerkrankung, periphere arterielle Verschlusskrankheit, zerebrovaskuläre Erkrankungen).

Patienten mit einer isolierten Hypertriglyceridämie (Fredrickson Typ I) mit einem Gendefekt als Ursache sind extrem selten. Diese Gendefekte sind in der Regel nicht vererbt, sondern entstehen durch spontane Mutationen in der Schwangerschaft. Daher können sie in der Regel nicht gezielt gesucht werden, sondern erfordern detektivisches Vorgehen bei der Gensequenzierung. Ist ein solcher Gendefekt dann jedoch gefunden, ist auch hier eine Apherese-Behandlung in der Regel unumgänglich.

 

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